Interview mit Andreas Petz

Elektromobilität: Grüne Zukunft statt grauer Alltag

  • 2030 leben fast zwei Drittel der Weltbevölkerung in Städten.
  • In Brasilien, Indien und China werden bis 2020 etwa 800 Millionen Menschen zur Mittelklasse gehören – Zum Vergleich: 2012 hatte die gesamte USA weniger als 400 Millionen Einwohner.
  • 18 Prozent der globalen CO2-Emissionen werden durch Straßenverkehr verursacht.
  • Das Transportwesen – insbesondere der Straßenverkehr - ist die einzige Branche in der EU mit konstant steigenden CO2-Emissionen.
  • Eine Autofahrt von Berlin nach München produziert 70 kg CO2-Emissionen.
  • Die EU will den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2020 im Vergleich zu 1990 um mindestens 20 Prozent reduzieren.

Fakten wie diese lassen aufhorchen. Wie entwickelt sich unsere Mobilität und welche Trends sind zu erkennen?
Auskunft dazu kann Andreas Petz, Studiengangsleiter an der FH Campus Wien, geben. Der Experte hat gerade ein neues Masterstudium zum Thema Green Mobility an der FH Campus Wien ins Leben gerufen.

Herr Petz, was bedeutet der Begriff "Green Mobility" eigentlich genau?

Unter Green Mobility verstehe ich ganzheitlich durchdachte Konzepte, die den Straßenverkehr ökonomisch und ökologisch verbessern sollen. Das ist dringend notwendig, denn Mobilität ist eine der Grundlagen der heutigen Wirtschaft und Gesellschaft, die jedoch immer mehr Probleme aufwirft. Der Verkehr steigt aufgrund von erhöhtem Transportaufkommen, Urbanisierung auf der einen Seite und Zersiedelung im ruralen Bereich auf der anderen Seite stetig an. Globale Herausforderungen wie Klimawandel und Rohstoffabhängigkeiten fordern alternative Lösungen. Städte in China und Indien, in denen mit dem aufkeimenden Wohlstand auch das Automobilgeschäft boomt, ersticken bereits im Smog, der durch die Schadstoffbelastung entsteht. Den Verkehr jedoch generell drastisch zu reduzieren bzw. ganz zu unterbinden würde bedeuten, den wirtschaftlichen Aufschwung der Länder zu verringern und ist somit keine optimale Option.
Daher müssen die Verkehrsmittel selbst ökologischer werden, und zwar im Sinne der Energieeffizienz und Umweltverträglichkeit. Ein großes Forschungsfeld bietet hier die technische Optimierung der Transportmittel. Hybrid- und Elektroantriebstechnik erhöhen die Energieeffizienz im Mobilitätsbereich deutlich. Während ein herkömmlicher Benzinmotor einen Wirkungsgrad von ungefähr 30 Prozent erreicht, liegt dieser bei einem Elektroantrieb bei über 90 Prozent. Hier muss man natürlich auch noch die vorgelagerten Lade- und Entladeverluste des Akkumulators berücksichtigen, gesamtheitlich ergibt sich aber trotzdem ein deutlich höherer Wirkungsgrad des reinen Elektrofahrzeuges im Fahrbetrieb. Dies geht mit einer Verminderung des CO2-Ausstoßes einher, vor allem dann, wenn die elektrische Energie zum Laden des Akkumulators aus erneuerbaren Energiequellen bereitgestellt wird. Vorreiter im Einsatz solcher Fahrzeuge sind vor allem nordeuropäische Länder wie beispielsweise Norwegen.

Und wie sieht es mit der Elektromobilität in Österreich aus?

Auch in Österreich findet bereits ein Umdenken statt. Seit 2008 werden Elektromobilitätsregionen in Österreich mit Geldern aus dem Klima- und Energiefonds gefördert. 2014 wurden laut offizieller Statistik ca. 1.280 reine Elektrofahrzeuge als PKW neu zugelassen. Rechnet man die Hybridfahrzeuge mit ein, kommt man auf knapp 3.640 Fahrzeuge, die zumindest einen teilelektrifizierten Antriebsstrang haben. Das sind in Summe gesehen etwa 1,2 Prozent aller PKW-Neuzulassungen im Jahr 2014. Dies erscheint vielleicht auf den ersten Blick nicht sehr viel, jedoch bedeutet es bei den reinen Elektrofahrzeugen im Vergleich zum Jahr 2013 eine Steigerung von etwa 96 Prozent. Heutigen Schätzungen zufolge werden im Jahr 2020 bis zu fünf Prozent der Fahrzeuge mit einem Elektroantrieb ausgestattet sein. Also ist Elektromobilität nicht nur international gesehen ein Wachstumsmarkt, auch in Österreich vergrößert sich die Branche. Um diesen Trend weitertreiben zu können, braucht es Expert*innen, die das nötige Fachwissen bündeln.

Und was zeichnet diese Expert*innen aus?

Auf jeden Fall eine umfassende Ausbildung, welche wir auch in unserem Masterstudium Green Mobility anbieten. Wir sprechen Generalist*innen an, die das Thema Elektromobilität als ganzheitliches Konzept für den Individualverkehr im Fokus haben. Der berufsbegleitende Studiengang vermittelt technisches Detailwissen über die notwendigen Fahrzeugkomponenten und die zum Betrieb erforderliche Infrastruktur von Elektrofahrzeugen. Weitere schwerpunktmäßige Themenfelder sind beispielsweise Energiespeicher und Energiemanagement, Antriebsstrang, Systemelektronik und Ladetechnologie sowie Sicherheitsaspekte im Automotive-Bereich. Komplettierend kommen wirtschaftliche, rechtliche und ökologische Lehrinhalte hinzu, um Mobilitätskonzepte im Rahmen der Elektromobilität erfolgreich planen und umsetzen zu können. Auch an der FH Campus Wien ist geplant, Elektrofahrzeuge im Rahmen eines Mobilitätskonzepts in den Alltag zu integrieren.

Das klingt interessant, können Sie uns darüber vielleicht mehr erzählen?

Mit der Implementierung eines Elektromobilitätskonzepts an der FH Campus Wien können wir auf verschiedenen Ebenen profitieren. Zum einen können damit die Studierenden des Masterstudiengangs Green Mobility die Umsetzung bzw. Anwendung der Elektromobilität direkt vor Ort kennen lernen. Dies betrifft die Elektrofahrzeuge genauso wie die notwendige Ladeinfrastruktur. Zum anderen können wir auf diese Weise den Mitarbeiter*innen der FH Campus Wien im Zuge der Implementierung eines Carsharing-Systems das Thema Elektromobilität näher bringen. Auch wird dadurch die aktive Auseinandersetzung mit den Aspekten der Mobilität, beispielweise dem eigenen Mobilitätsverhalten, gefördert; eine Grundlage, um Elektromobilität erfolgreich in die Gesellschaft integrieren zu können.

Und woher kommt der Strom für die Elektrofahrzeuge an der FH Campus Wien?

Dies ist ein weiterer Punkt der bei der Implementierung eines Elektromobilitätskonzepts an der FH Campus Wien positiv hervorgehoben werden kann. Die FH Campus Wien betreibt am Dach des Hauptstandortes in der Favoritenstraße 226 eine Photovoltaik Lehr- und Forschungsanlage. Diese Anlage speist in das Hausnetz ein und hat einen jährlichen Energieertrag von etwa 5.500 kWh. Dieser aus erneuerbaren Energien bereitgestellte Ertrag kann über das Jahr gesehen nominell dem Verbrauch der geplanten Elektrofahrzeuge gegenübergestellt werden. Diese Energiemenge reicht aus, um mit den aktuell am Markt befindlichen Elektrofahrzeugen eine Strecke in der Größenordnung von 35.000 km zurücklegen zu können. Damit kann man je nach Nutzerverhalten zwei bis drei Elektrofahrzeuge betreiben. Somit können wir hier an der FH Campus Wien die Aspekte der Lehre und Forschung im Masterstudiengang Green Mobility und die ökologisch orientierte Umsetzung eines Carsharing-Systems mit Elektrofahrzeugen für unsere Mitarbeiter*innen optimal verbinden.

Alles in allem ein gut durchdachtes Konzept. Aber ist es auch möglich, dieses umzusetzen?

Ja, es ist ein absolut aus der Praxis gegriffenes Projekt, welches wir im Zuge unseres neuen Masterstudiums Green Mobility umsetzen werden. Ziel ist es ja, eine Ausbildung mit viel Praxisbezug zu schaffen. Projekte strategisch und konzeptionell zu entwerfen, auf ihre technische Machbarkeit und Rentabilität zu prüfen und schlussendlich auch umzusetzen, gehört hier einfach dazu. Das ist nichts anderes, als im Berufsalltag ebenfalls ständig passiert. Und für diesen Alltag sind unsere Absolvent*innen bestens vorbereitet. Berufseinstiege ergeben sich hierbei in der Automobilindustrie, aber auch in den Sektoren Infrastruktur, Planung & Beratung, bei Mobilitätsdienstleister*innen, Energieunternehmen, Fachverbänden und Gebietskörperschaften.

Themenschwerpunkt Open House


Studiengang

Master

Green Mobility

berufsbegleitend