Vom Labor an die FH und über Boston nach Meidling

Mit Investitionen von über 700 Mio. Euro errichtet Boehringer Ingelheim derzeit auf 2,2 ha eine Large Scale Cell Culture-Produktionsanlage inklusive Infrastruktur in Wien Meidling. Als Process Engineer war Eva-Maria Wlaschitz  als eine der Ersten bei diesem Projekt dabei. Für diese „once in a lifetime experience” kam die Bioverfahrenstechnik-Absolventin aus den USA zurück nach Wien.


In der neuen Anlage sollen Wirkstoffe aus Zellkulturen gewonnen werden. Damit können deutlich größere und komplexere Moleküle, wie beispielsweise Antikörper, produziert werden. Die produzierten Moleküle sind den menschlichen sehr ähnlich und damit gut verträglich. 2021 soll die Anlage in Wien in Betrieb gehen.

“A once in a lifetime experience”

„Es ist eine einzigartige berufliche Chance bei der Entwicklung und Errichtung einer derartigen Anlage dabei zu sein. Dazu gehören mehrere bis zu 15.000  Liter fassende Bioreaktoren. Nur um die Dimension des Ganzen einordnen zu können: Wien wird nun, neben Biberach (D), Fremont (USA) und Shanghai (China) einer von vier Boehringer-Ingelheim-Standorten sein, an denen Biopharmazeutika auf Basis von Zellkulturen hergestellt werden. Wien hat zudem noch mehrere Produktionsanlagen für mikrobielle Fermentation – das macht unseren Standort innerhalb des Boehringer-Ingelheim Netzwerkes einzigartig“, so Eva-Maria Wlaschitz. Neben verfahrenstechnischen Fragen gilt es in der jetzigen Projektphase auch noch viele logistische und regulatorische Fragestellungen zu lösen. 

Vom Start weg dabei

Aktuell arbeiten rund 100 Leute für die Anlage, am Ende werden 500 Mitarbeiter*innen dort beschäftigt sein. Eva-Maria Wlaschitz ist schon im ersten Kernteam; als eine von zwei Process Engineers für den Upstream-Prozess, neben zwei weiteren für den Downstream-Prozess. In ihrer Verantwortung liegt es, Herstellungsprozesse von einer anderen Betriebsstätte an den Wiener Standort zu transferieren. Neben technischer Fachexpertise ist in ihrer Position auch Projektmanagement gefragt.

Keine Angst vor der Technik

Nach der AHS-Matura dachte sie über ein Medizinstudium nach. Gleichzeitig wusste sie, dass der unmittelbare Kontakt mit Patient*innen für sie kein Thema sei. Daraus entwickelte sich ein Interesse für Pharmazie und die Herstellung von Medikamenten. Sie entschied sich für das Studium Biomedizin und Biotechnologie an der Universität. „Bioverfahrenstechnik wäre mir mit 18 nicht in den Sinn gekommen. Ich hatte zu viel Respekt vor der Technik.“

Früh rein in die Praxis

Nach dem ersten Studienabschnitt wollte sie es aber genau wissen und unterbrach das Studium für die Praxis. So kam Eva-Maria Wlaschitz zu Baxter. Als Labortechnikerin fand sie heraus: „Prozessentwicklung, das ist es. Die Praxis hat in mir das Interesse an der Technik geweckt. Ich wollte bleiben und stand vor der Wahl: Job oder Studium.“ Beides wäre sich organisatorisch nicht ausgegangen. Erst bei Baxter stieß sie auf das berufsbegleitende FH-Studium Bioengineering (Bachelor) und Bioverfahrendstechnik (Master). „Mein Vorgesetzter hat mich beim FH-Studium von Anfang an sehr unterstützt. Er war auch mein Betreuer der Masterarbeit, die ich bei Baxter verfasst habe.“ Nach dem Bachelorstudium Bioengineering und dem anschließenden Masterstudium Bioverfahrenstechnik wurde sie „Scientist“ und ging 2017 für Shire nach Boston.

Wien – Boston – Wien 

Die Zeit in Boston war eine wichtige Erfahrung, die Eva-Maria Wlaschitz zeigte, dass sie mit den US-Kolleg*innen absolut mithalten kann. „Mein Vorteil war, dass ich schon von Wien aus in einigen US-Projekten mitgearbeitet habe und so durch ‚Training on the Job‘ die gemeinsame Arbeitskultur kennenlernen und über die Jahre viel Berufserfahrung sammeln konnte. Was ich an den USA mag? Das schnelle Aufeinanderzugehen. Manche würden es als oberflächlichen Small Talk bezeichnen. Für mich waren es aber viele nette Kontakte in einer Stadt, in der ich anfangs niemanden kannte. Ich bin nicht gerne aus den USA weggegangen. Ich habe mich dort sehr schnell eingelebt und Freundschaften aufgebaut. Aber eine Chance wie die bei Boehringer-Ingelheim hat man nur einmal im Leben“, ist Eva-Maria Wlaschitz überzeugt.


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