29. März 2023

Campus Lecture: Adressat*innen der Sozialen Arbeit zuhören statt ausschließen

 

Befunde aus Masterarbeiten der Sozialraumorientierten und Klinischen Sozialen Arbeit

Vortragende stehen vor dem Publikum, das mit dem Rücken zur Kamera steht

Soziale Arbeit ist damit konfrontiert, gesellschaftliche Ausschlüsse zu exekutieren und diese manchmal noch zu verstärken. Soziale Arbeit zeigt aber auch auf, dass Exklusionen nicht nur ungerecht sind, sondern die Lebenssituationen von Adressat*innen erheblich negativ beeinflussen. Dies ergibt sich aus fünf Masterarbeiten aus der Sozialraumorientierten und Klinischen Sozialen Arbeit, deren Ergebnisse am 29.3.2023 im Rahmen einer Campus Lectures mit dem Titel „Exklusionserfahrungen von Adressat*innen der Sozialen Arbeit“ vorgestellt und mit ca. 40 Kolleg*innen aus Studium und Praxis der Sozialen Arbeit diskutiert wurden. 

Staatliche Instanzen können die Ausschlüsse noch verstärken

Wie sehr Diskriminierung von Menschen sich nachhaltig auf dieselben auswirkt, deckte Elisabeth Kreutzer in ihrer Masterarbeit über „racial profiling“ auf. Jugendlichen wird durch ständige unbegründete Polizeikontrollen vermittelt, dass sie in Österreich unerwünscht sind, systematisch wird ein Misstrauen gegen Instanzen des österreichischen Staates und der Gesellschaft insgesamt hergestellt.

Gesellschaftliche Stigmatisierung durchbrechen

Mit der Lebenssituation, der sozialen (Re-)Integration und Stigmatisierung von Personen mit einer Suchterkrankung hat sich Barbara Boros beschäftigt. Die gesellschaftliche Stigmatisierung führt dazu, dass die Überwindung der Suchterkrankung noch erschwert wird. Barbara Boros fordert, dass über Suchterkrankungen mehr geredet wird und diese enttabuisiert werden.

Perspektiven durch den Zugang zu sozialstaatlicher Unterstützung

Kritisiert wurden außerdem politisch entschiedene Exklusionen: Leonie Krone forschte zu Perspektiven von „nicht anspruchsberechtigten EU-Bürger*innen“ in Wien. Sie zeigt in ihrer Arbeit, wie sehr die Hoffnungen der betroffenen wohnungslosen Menschen von den tatsächlichen Möglichkeiten abweichen. Sie fordert, dass sozialstaatliche Unterstützungen für derzeit „nicht anspruchsberechtigten“ EU-Bürger*innen zugänglich gemacht werden, um tatsächlich Perspektiven zu eröffnen. 

Expertise von ausgeschlossenen Menschen erkennen

Mira Liepold verlangt, dass wohnungslose Menschen und deren Bedürfnisse in der Planung von öffentlichen Räumen zukünftig einbezogen werden sollen, anstatt entsprechende Personen zu verdrängen. 
Die Forscher*innen fordern, dass den exkludierten Menschen zugehört werden soll, sie als Expert*innen – auch des Sozialsystems – anerkannt werden sollen. In Benjamin Mohls Arbeit wird deutlich, dass es dadurch möglich wäre, die Sicherheit von wohnungslosen Menschen in Einrichtungen zu verbessern.

Sichtweisen von Adressat*innen kommen durch die Forschung zu Wort

In der Diskussion wird deutlich, wie wichtig es ist, dass die Forschung der Sozialen Arbeit Adressat*innen zu Wort kommen lässt und deren Lebensrealitäten dadurch auch sichtbar gemacht werden. Soziale Arbeit hat die Aufgabe, gesellschaftlich produzierte Ausschlüsse öffentlich sichtbar zu machen und zu kritisieren, um die Ursachen sozialer Probleme auch nachhaltig bekämpfen zu können.

Die Masterarbeiten sind über die Bibliothek der FH Campus Wien zugänglich: 

Barbara Boros:
Zwischen den Stühlen – Wenn Integration keine Selbstverständlichkeit ist. Eine empiriegeleitete Erläuterung über die Herausforderungen einer sozialen (Re-)Integration unter dem Aspekt von Stigmatisierung bei Personen mit einer Suchterkrankung.

Leonie Korne:
Obdachlos und perspektivenlos? Perspektiven von nicht anspruchsberechtigten EU-Bürger*innen in Wien am Beispiel des Projekts KUWO.

Elisabeth Kreutzer:
Polizeikontrollen im öffentlichen Raum.
Eine Theorieskizze zur Subjektivierung durch vermehrte Kontrollen im relationalen Raum.

Mira Liepold:
Zwei Jahre Alkoholkonsumverbot am Praterstern in Wien.
Die Wahrnehmungen marginalisierter Gruppen in Hinblick auf das Verbot.

Benjamin Mohl:
Sicherheitsgefühl von wohnungslosen Menschen und die Bedeutungen von öffentlichen, halböffentlichen und institutionellen Räumen.

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