23. Mai 2025

Wirtschaftsspionage, ein unterschätztes Problem?

 

Eine aktuelle Studie des Fachbereichs Risiko- und Sicherheitsmanagement der FH Campus Wien zeigt, dass Wirtschafts- und Industriespionage nach wie vor ein unterschätztes Problem in vielen Unternehmen ist. Trotz mehr Prävention und Sicherheitsbewusstsein ist die Dunkelziffer hoch, und auch bei der Meldung von Vorfällen oder der Verfolgung von Täter*innen ist Verbesserungsbedarf.

Gesicht einer Frau mit Brille in Nahaufnahme vor einem Bildschirm mit Zahlen und Grafiken

Etwa jedes zehnte Unternehmen betroffen

Die Umfrage, die auf einer Stichprobe von rund 18.000 Unternehmen basiert, von denen 510 vollständig ausgefüllte Fragebögen einlangten, ergab, dass 9 % der befragten Unternehmen in den letzten fünf Jahren von Wirtschafts- oder Industriespionage betroffen waren. Von diesen 9 % berichten 3 % von konkreten Vorfällen, weitere knapp 6 % der Unternehmen vermuten, dass ein Spionageangriff stattgefunden hat. In absoluten Zahlen waren nach der aktuellen Befragung damit 16 Unternehmen tatsächlich und 30 Unternehmen vermutlich von Spionage betroffen. Im Vergleich zur Umfrage aus dem Jahr 2015 hat die Häufigkeit der Vorfälle zwar nicht zugenommen, das Problem sei aber nach wie vor, deren Meldung und Verfolgbarkeit.

Wer steckt hinter der Spionage?

Ein Drittel der betroffenen Unternehmen gibt an, dass Mitarbeiter*innen die Haupttäter*innen sind und ein Viertel nennt Mitbewerber*innen. Weitere Gruppen sind Kund*innen und Lieferant*innen. „Einige Ergebnisse machen nachdenklich – wir werden uns gemeinsam mit unseren Partnern dazu noch vertieft austauschen“, analysiert Fachbereichsleiter Martin Langer, „so ist etwa das Dunkelfeld groß: Über ein Drittel der betroffenen Betriebe können etwa keine Angaben zu den Tatverdächtigen machen. Auch bei der Verfolgung gibt es aktuell Lücken. In nur etwa einem Drittel aller tatsächlichen Fälle wurde eine Behörde verständigt. Erst ab dem vierten Vorfall wurde die Behörde in jedem Fall einbezogen.“

Warum wird Spionage oft nicht gemeldet?

Ein Grund für die geringe Meldung von Spionagevorfällen ist, dass viele Unternehmen glauben, eine Behördenmeldung würde keinen Nutzen bringen. Rund ein Drittel der betroffenen Betriebe gibt diesen Grund an. Weitere Hindernisse sind die mangelnde Beweislage, unklare Informationswege, Unsicherheit, ob eine Strafverfolgung überhaupt möglich wäre oder auch die Angst vor einem Reputationsverlust.

Zunahme präventiver Sicherheitsmaßnahmen

Die Ergebnisse zu den systematischen Sicherheitsstrategien auf personeller und organisatorischer Ebene zeigen – im Vergleich zum Jahr 2015 – dennoch eine Zunahme von präventiven Maßnahmen. Unternehmen, die in den letzten Jahren präventive Sicherheitsmaßnahmen umgesetzt haben wie Zertifizierungen oder, die gesetzlichen Bestimmung nach dem Netz- und Informationssystemsicherheitsgesetz (NIS) unterliegen, haben einen besseren Überblick über ihre Sicherheitslage. Laut der Umfrage betrifft das 45 % der befragten Unternehmen, doch auch bei diesen zeigt sich eine höhere Betroffenheit von Spionagevorfällen. Martin Langer betont dazu: „Wir sehen in den Ergebnissen, dass Unternehmen, die den Bestimmungen von NIS 1 bzw. NIS 2 unterliegen, eine höhere Betroffenheit von Wirtschafts- und Industriespionage-Vorfällen besteht. Dies liegt vermutlich daran, dass eine höhere Sensibilisierung durch die Normen und mehr Wissen auch zur besseren Erkennung von Vorfällen führt.“

Zur Studie

Im Auftrag des Bundesministeriums für Inneres, Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst, hat der Fachbereich Risiko- und Sicherheitsmanagement der FH Campus Wien 2024 die Umfrage zu Wirtschafts- und Industriespionage in österreichischen Unternehmen umgesetzt und ausgewertet. Dieses Studienprojekt ist die inhaltliche Fortsetzung und Wiederholung einer ähnlichen Umfrage aus dem Jahr 2015. Wolfgang Tomaschitz, Claudia Körmer und Kristina Hauer arbeiteten den Bericht aus, der wesentliche Ergebnisse, Tatverdächtige und Tathandlungen, Reaktionen und Präventionsmaßnahmen, Behördenkontakte, Risikoeinschätzungen, Sicherheitsstrategien und konkrete Empfehlungen enthält. Das Frageprogramm wurde gemeinsam mit der DSN und Vertreter*innen der Wirtschaftskammer Österreich sowie der Industriellenvereinigung erarbeitet. Für weitere Informationen, Gastvorträge oder auch Diskussionsteilnahmen steht das Forschungsteam des Fachbereichs Risiko- und Sicherheitsmanagement gerne zur Verfügung.

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