25. September 2023

Parkbetreuung - 30 Jahre professionelle Unordnung?

 

Die Wiener Parkbetreuung, die vor dreißig Jahren gegründet wurde, stand bei dieser Campus Lecture des Masterstudiums Sozialraumorientierte und Klinische Soziale Arbeit am Dienstag, 19.9.2023 im Mittelpunkt.

Buch liegt am Boden

Parkbetreuung hat sich seither als fester Bestandteil der Offenen Kinder- und Jugendarbeit in Wien etabliert – einzigartig im europäischen Vergleich. Anlässlich des dreißigjährigen Bestehens wurde ein Fachbuch zur Wiener Parkbetreuung herausgegeben.

Dieses Buch war Ausgangspunk der nachfolgenden Diskussion zur gesellschaftlichen Bedeutung und Fachlichkeit der Parkbetreuung: zur Stärkung der Bedürfnisse von Kindern durch diese, zu fachlichen Anforderungen und Rahmenbedingungen und zur Bedeutung vom Spielen in der Stadt. Anschaulich wurde die Entstehung der Parkbetreuung durch Renate Kraft vermittelt, die diese mitbegründet hat. In der Diskussion wurde deutlich, dass die Parkbetreuung eine Einrichtung ist, die die Bedürfnisse und Rechte von Kindern in der Stadt stark und sichtbar machen: laut Christian Reutlinger von der Fachhochschule Nordwestschweiz fordere sie ein, dass es in der Stadt möglich ist, Kind zu sein. Das geschähe auf unterschiedlichste Arten – von Angeboten zum Spielen im öffentlichen Raum, bis zur Planung der Parks für die Bedürfnissen von Kindern.

Benötigt: Können/Wissen/Haltung

Aber Parkbetreuung ist noch viel mehr: Katharina Röggla eröffnete als pädagogische Leitung von Juvivo und nebenberuflich Lehrende im Masterstudium Sozialraumorientierte und Klinische Soziale Arbeit Einblicke in die Praxis der Parkbetreuungen. Kinder mit Problemen würden unterstützt und weitervermittelt, Konflikte bearbeitet und Aneignungsprozesse gefördert. Dazu brauche es fachliche Kompetenz und entsprechende Rahmenbedingungen. Christian Reutlinger zitierte Hiltrud von Spiegel, es brauche Wissen z.B. über die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder die Zuständigkeiten in der Stadt. Es brauche Können, wie Kompetenzen der Gesprächsführung. Und es brauche eine Haltung, die von einer Parteilichkeit für Kinder-Interessen geprägt ist, aber auch von einem kommunikativen Zugang, der sich an den Menschenrechten orientiert. Julia Pollak, ehemals Parkbetreuung und Co-Geschäftsführerin des obds – Österreichischer Berufsverband der Sozialen Arbeit, verwies auf das Professionsverständnis Sozialer Arbeit.

Ausbildung zur Parkbetreuer*in?

Kontrovers diskutiert wurde, wie Parkbetreuer*innen ausgebildet werden sollen. Einigkeit bestand darüber, dass die Parkbetreuung als Teil der Offenen Kinder- und Jugendarbeit ein multiprofessionelles Feld ist und eine Diversität der Parkbetreuer*innen bzw. Jugendarbeiter*innen den Anforderungen des Arbeitsfeldes entspricht. Außer Frage stand auch, dass die Offene Kinder- und Jugendarbeit als Teil der Sozialen Arbeit ihre fachliche Orientierung genau daher bezieht. Einig waren sich die Diskutant*innen auch, dass diese Arbeit einen hohen Anspruch an Fachlichkeit (Wissen, Können, Haltung) verlangt und entsprechende Rahmenbedingung benötigt. Diese Ansprüche würden durch aktuelle Strukturen, siehe SWÖ-Kollektivvertrag mit dessen Abstufungen, nicht gerecht.

Wichtig: das Spielen

Besonders interessant war die Diskussion über die Wichtigkeit vom Spielen in der Stadt, was Renate Kraft betonte. Deutlich wurde dabei, dass sich eine weitere Auseinandersetzung zum Spielen lohnen würde. „Welche Funktion hat das Spielen bei der Parkbetreuung, und welche Begriffe des Spielens sind gemeint?", fragte Korinna Lindinger, Senior Scientist an der Universität für angewandte Kunst Wien. Ist das Spielen nur ein Instrument, um mit Kindern in Kontakt zu kommen und arbeiten zu können? Oder ist Spielen ein Akt der räumlichen Aneignung und Emanzipierung von Kinder-Bedürfnissen in der Stadt? Es wurde diskutiert, ob Parkbetreuung eine Einrichtung ist und sein soll, die Unordnung in die Parks bringt – als Irritation, um Kinderperspektiven zu stärken. Oder, ob es eher darum geht, dass Parkbetreuungen neue Ordnungen herstellen, um z.B. Zerstörung zu vermeiden.

Die von Christoph Stoik, Masterstudium Sozialraumorientierte und Klinische Soziale Arbeit, moderierte Podiums- und Publikumsdiskussion wurde mit einem Hinweis auf das Buch beendet, das die Entwicklung der Parkbetreuung erstmals sehr anschaulich und auch wissenschaftlich dokumentiert: „GROSS WERDEN IM PARK. Wiener Parkbetreuung in Bewegung“ herausgegeben von Christian Reutlinger und Katharina Röggla ist 2023 im Mandelbaum-Verlag erschienen.

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