Medieninformationen

20. April 2023

Podiumsdiskussion an der FH Campus Wien: Politik braucht High Potentials und das Vertrauen der Menschen

Im Zeitalter von Digitalisierung und Social Media verlangen immer mehr Menschen rasch nach Antworten – das ruft Populist*innen auf den Plan. „Wenn man mit Krisen in Österreich und auf europäischer Ebene konfrontiert ist, die Generationen vor uns nicht zu bewältigen hatten und den Menschen dann vorgegaukelt wird, es gäbe einfache Antworten, dann ist das schon frustrierend“, meint Karoline Edtstadler, Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt, anlässlich einer Podiumsdiskussion an der FH Campus Wien am 14. April.

Auf Einladung des Fachbereichs Angewandte Politikwissenschaft diskutierte Ministerin Karoline Edtstadler mit Andreas Schnider, Philosoph und Vorsitzender der Ethikkommission der FH Campus Wien, Miriam Kaiys, Klubobfrau der SPÖ Leopoldstadt und Studierende im Masterlehrgang Digitalisierung, Politik, Kommunikation an der FH Campus Wien und Peter Grabner, Leiter des Fachbereichs Angewandte Politikwissenschaft zum Thema „Politik, Wähler*innen und Medien – Rollen in der Gesellschaft zwischen populistischem Dilemma und demokratischer Notwendigkeit“. Dem Titel der Veranstaltung entsprechend, eröffnete sich in der Diskussion ein weites Feld: vom schlechten Image von Politiker*innen, über notwendige Fähigkeiten für den Beruf Politiker*in, bis zur „Aufgeregtheitskultur“ in den Sozialen Medien, dem Demokratieverständnis und einer Ausbildung für Politiker*innen. KURIER Innenpolitik-Journalist Christian Böhmer moderierte die Veranstaltung.

Fotogalerie zur Veranstaltung

Komplexe Themen vs. „only bad news are good news“

Mit guten Ergebnissen politischer Arbeit durchzudringen, sei oft nicht einfach, meint Karoline Edtstadler, denn es überwiege das Interesse an „Aufregerthemen“ und überlagere damit alles andere. „Politiker*innen haben den Auftrag, den Menschen zu sagen, was sie tun“, meint Edtstadler. „Medien legen ihren Hauptfokus aber häufig auf das Skandalisieren“, so die Wahrnehmung der Politikerin. Sie sei sehr dafür, kritisch über alles zu reden und als Politikerin kritisch befragt zu werden – dennoch – die Themen seien komplex, insofern könne es keine banalen Antworten geben. Es brauche Mut, die großen Themen und unangenehmen Wahrheiten anzusprechen, so die Politikerin und räumte aber ein: „Wir nehmen uns manchmal zu wenig Zeit, in der Tiefe über die Dinge nachzudenken.“ In der Politik gehe es tagtäglich um die Anliegen der Menschen. Insofern sei es notwendig, diese wieder mehr für Politik zu interessieren.

Soziale Medien, Kompromisse und parteiübergreifender Austausch

„In der Kommunalpolitik ist es ähnlich wie in der Spitzenpolitik“, ist der Befund von Klubobfrau Miriam Kaiys. „In den Sozialen Medien finden sich im Nu sehr viele Menschen zusammen, es entstehen unumstößliche Meinungen. Das erschwert es, Kompromisse akzeptabel zu machen und zu Lösungen zu kommen“, so Kaiys. Zudem erlebe sie in ihrer Praxis, dass es für eine Problemstellung mehrere Zuständigkeiten gäbe, das könne etwa die Gemeinde, die Stadt oder der Bund sein. „Das macht es komplizierter, den Menschen zu erklären, warum etwas nicht geht. Wenn ich das nicht transportieren kann, habe ich die Aufmerksamkeit der Menschen schon verloren“, gibt Kaiys ihre Erfahrungen wieder. Zugleich sei es sehr bereichernd, sich mit Menschen über Parteigrenzen hinweg auszutauschen und ohne Animositäten eine Basis zu finden. Das funktioniere sehr gut, wenn der Raum dafür geschaffen werde, wie sie es etwa in ihrem Masterstudium Digitalisierung, Politik und Kommunikation an der Fachhochschule erlebe.

Ethisches Reflektieren, ergebnisoffen nachdenken

Medienlandschaft und Öffentlichkeit haben sich verändert, die Digitalisierung bringe eine große Geschwindigkeit in die Debatten, meint Andreas Schnider und fordert ethisches Reflektieren ein. „Kritische Fragen zu stellen und nicht rasch zu einer Antwort zu kommen, das ist Ethik“, so Schnider. Er vermisse Denkwerkstätten der politischen Parteien, wie es sie vor mehreren Jahren noch gegeben hätte. „Auf diesem Terrain sollten wir uns mehr Räume schaffen, die Zeit nehmen, ergebnisoffen nachzudenken und die Ideologie dabei beiseitelassen“, plädiert Schnider. In der Politik gehe es immer um Aushandlungsprozesse. „Wir brauchen wieder eine Kultur, die es erlaubt Fragen zu stellen, um die Themen gut aushandeln zu können“, fordert Schider.  

Politik braucht High Potentials

Peter Grabner, seit über zehn Jahren mit der Weiterbildung von Politiker*innen und Personen in politiknahen Bereichen beschäftigt, brachte den Aspekt der Kompetenzen von Politiker*innen in die Diskussion ein. Vor dem Hintergrund der großen Herausforderungen wie dem Fachkräftemangel oder den Pensionierungswellen im öffentlichen Dienst und im Gesundheitssektor brauche es dringend Führungsstärke und die Fähigkeit zu erkennen, was zu tun sei, so der Politikwissenschaftler. „Die Politiker*innen geben den Menschen allerdings nicht das Gefühl, die Dinge in der Hand zu haben“, ist Grabner überzeugt und weiter „man glaubt dem System nicht mehr. Wir verlieren die Menschen, sie interessieren sich nicht mehr für Politik. Das ist ein großes Problem für die Demokratie.“
Grabner spricht sich für die Notwendigkeit einer Ausbildung von Politiker*innen aus, die es in Österreich bislang nicht gebe. „Gerade im Bereich der strukturellen Koppelung von Politik und Verwaltung ist großes Expert*innenwissen nötig. Hier braucht es eine profunde Ausbildung, und die Herausbildung einer „Kompetenz-Kompetenz“ – der Fähigkeit, das Wissen des Gegenübers einordnen und bewerten zu können, um die großen Herausforderungen endlich zu lösen.“

Angewandte Politikwissenschaft an der FH Campus Wien

Der Fachbereich Angewandte Politikwissenschaft versteht sich als Plattform für die Zusammenarbeit und den Austausch von Vertreter*innen aus Politik, Verwaltung, der Wirtschaft sowie von NGOs/NPOs. Durch das Zusammenspiel von akademischen Standards, wissenschaftlicher Distanz und kommunikativer Nähe zu den Entscheidungsträger*innen sollen Handlungsoptionen und -alternativen aufgezeigt sowie wissenschaftlich begleitet werden. Ziel ist, die Steigerung der demokratischen Qualität zu erreichen, insbesondere über die Entwicklung vernetzt denkender Absolvent*innen an der Schnittstelle von Bevölkerung – Verwaltung – Politik – Wirtschaft. Der Fachbereich erfüllt damit die demokratiepolitische Aufgabe der Hochschule, einen Beitrag zur fortschreitenden Professionalisierung des politischen Systems zu leisten.
Zum Fachbereich Angewandte Politikwissenschaft gehören die Masterlehrgänge Digitalisierung, Politik und Kommunikation, der englischsprachige Masterlehrgang International Relations and Urban Policy sowie der a.o. Master (Continuing Education) Politisches Management (ab Anfang Mai online auf www.fh-campuswien.ac.at und Nachfolger des heuer auslaufenden Masters Führung, Politik und Management.)

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