Interview mit Johannes Naimer-Stach

Ein gutes Klima für Innovation

Johannes Naimer-Stach ist Klimaschutzexperte, Unternehmensgründer und Coworkingspacenutzer in Wolkersdorf. Mit 288 Grad Consulting berät er unter anderem Start-ups im Bereich Klimaschutz oder setzt mit der Firma Likano Klimaschutzprojekte in Ruanda um, wo Menschen mit eigens gefertigten Kochöfen ihren Brennholzverbrauch reduzieren können. Er lehrt Innovationsmanagement im Masterstudium Health Assisting Engineering und coacht seine Studierenden in einer Art „Bootcamp“ von der Idee über den Businessplan bis zur Wettbewerbspräsentation vor externen Juror*innen.

Welches war bisher das überraschendste Start-up, das Sie begleitet haben?

Das war die Idee, die Sahara zu begrünen. Brillant oder total verrückt, das waren meine ersten Gedanken, als Vesela Tanaskovic von Afforest4Future ihre Start-up-Idee beim Climate Launchpad (CLP) vorgestellt hat. Das CLP ist der wichtigste grüne Ideenwettbewerb der EU, für den ich als National Coach dabei bin. Bei der Saharaidee geht es darum, dass der angeschwemmte Nilschlamm schlecht für den Assuan-Staudamm in Ägypten, aber gut für die Begrünung ehemaliger Oasengebiete in der Sahara ist. Der Schlamm verstopft den Assuan-Staudamm, gleichzeitig hat er jedoch sehr gute Eigenschaften, er ist nährstoffreich und sorgt für einen fruchtbaren Boden. Vesela hat nun den Prototypen für eine Pipelinelösung entwickelt, die den Schlamm in ausgetrocknete Oasengebiete transportiert. Die neue Technologie stellt sicher, dass das Wasser beim Transport im Schlamm gespeichert wird und dieser beim Transport nicht austrocknet.

Gibt es ein Patentrezept für Gründer*innen?

Nein, aber von anderen kann man lernen. Vesela hat beim Start als Start-up quasi alles richtig gemacht. Sie hatte eine außergewöhnliche Idee, das Know-how für eine Lösung und sie weiß, geeignete Menschen und Institutionen für ihre Idee zu begeistern. Beispielsweise hat sie ein „Mentor*innenboard“ für ihr Projekt ins Leben gerufen, für das sie auch mich gewonnen hat. Ein schlauer Schritt, um ExpertInnenwissen nahezu ohne zusätzliche Kosten aufzubauen. Ich bin als Mentor und in meiner Funktion als Klimaschutz- und Marketingexperte mit an Board. Afforest4Future ist dann über eine externe Jury beim österreichischen Climate-KIC Accelerator gelandet, den ich gerade aufbaue. Dahinter steht ein EU-Fonds, über den grüne Start-ups auch in Österreich gefördert werden. Bei der Finanzierung könnte bei der Saharaidee zusätzlich helfen, dass auch Ägypten ein Interesse daran hat, den Schlamm abzutransportieren. Eine Frage lautet also, wer könnte von meiner Idee noch profitieren und sie daher unterstützen.

Was wird bei einem Start-up häufig unterschätzt?

Die Teamfindung. Häufig scheitert man am Team, weil man Unterschiedliches will. Das weiß ich aus eigener Erfahrung. Ein externes Coaching kann hier eine wesentliche Entscheidungshilfe geben und Zeit sparen. Bei einem Ein-Personen-Start-up ist es besonders wichtig, sich das Feedback von anderen nicht erst am Ende der Ideenentwicklung zu holen. Innovation braucht keine einsame Insel. Unterschätzt werden auch die leeren Kilometer, also die vielen Termine, die man absolviert, bei denen am Ende nichts herauskommt. In Wirklichkeit lernt man jedoch viel dabei. Und der letzte Punkt ist allen bewusst und dennoch unterschätzt: wie hart es ist, über einen längeren Zeitraum zu arbeiten und zu investieren – ohne Return of Investment. 

Was ist Ihrer Meinung nach ein klarer Startvorteil bei einer Gründung?

Die richtigen Menschen. Auf der einen Seite ist wie schon gesagt das Netzwerk wichtig, das mir bei der Umsetzung hilft, auf der anderen Seite das Start-up-Team selbst, das im besten Fall interdisziplinär aufgestellt ist. Ich sehe den Riesenvorteil, den beispielsweise ein Technik-Gesundheits-Kompetenz-Mix mit sich bringt, wenn ich die Studierendenprojekte im Studiengang Health Assisting Engineering begleite. Menschen aus Gesundheitsberufen sind spürbar näher an den „Kund*innenwünschen“ dran, sodass die technische Lösung, die entwickelt wird, tatsächlich gebraucht wird und keine – salopp formuliert – technische Spielerei ist. Voraussetzung ist natürlich eine gemeinsame Sprache im Team, aber das ist nur eine Anfangshürde, die zu nehmen sich mehr als auszahlt.


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