„Alle Steine umdrehen!“

Technik und Natur haben Michael Maurer schon früh fasziniert und tun es bis heute. Nur logisch, sich der Technischen Chemie und der Biologie zu verschreiben und seine Berufung als Bioverfahrenstechniker in der Fermentation zu finden. Seit 2017 leitet er die vier Studiengänge im Fachbereich Bioengineering am FH-Standort Muthgasse. Er etablierte das „Scientific Brewhouse“, in dem er seinen Studierenden mit Leidenschaft Raum für Neugierde und Kreativität eröffnet – seit jeher wesentliche Attribute der Forschung.

 

Sehnsuchtsort Schule für Chemie

„Meine Tante, eine Ärztin, war nicht ganz unschuldig an meinem Interesse für die Naturwissenschaften. Sie hat mir immer wieder Pipetten mitgebracht, mit denen ich schon erste Versuche der Maßanalysen gemacht habe“, blickt Michael Maurer auf seine „Anfänge“ zurück. Er weiß genau, wohin er will: an die HTL für Technische Chemie in der Rosensteingasse im 17. Wiener Gemeindebezirk.

Der Idealfall: Technik und Biologie

Das zweite Interesse, die Biologie, speziell Zellbiologie und Molekularbiologie, deckt er mit dem Diplomstudium Lebensmittel- und Biotechnologie an der Universität für Bodenkultur (BOKU) ab. Besonders prägend ist ein Fermentationspraktikum, in dem gezielt Zellen mit technischen Hilfsmitteln kultiviert werden. Michael Maurer kultiviert dabei noch etwas anderes: seine Leidenschaft für Technik und Biologie. Darüber hinaus ist es eines dieser Praktika, die den Weg in die Industrie ebnen.

Puzzleteil für Indien

Hefe außerhalb der Lebensmittelherstellung für die biopharmazeutische Produktion einzusetzen, ist Thema seiner Diplomarbeit „Cloning strategies for the expression of human trypsinogen in Pichia pastoris”. Dabei geht es darum, Trypsin, ein menschliches Verdauungsenzym, in der Hefe in einem industriellen Prozess herzustellen. Hier kreuzen sich zum ersten Mal die Wege von Michael Maurer und dem Biotechunternehmen Polymun Scientific. Die Zusammenarbeit trägt Früchte: Seine Diplomarbeit ist ein wichtiger Puzzlestein in der Entwicklung eines Prozesses, der vom indischen Unternehmen Richcore Lifesciences aufgegriffen wurde.

Lifelong Learning und Lifelong Love: Pichia pastoris 

Bei Polymun sammelt er wertvolle Industrieerfahrung, um dann erneut an die BOKU zu gehen, zum Doktoratsstudium. Wieder beschäftigt er sich mit dem Hefepilz Pichia pastoris, diesmal mit dem technischen Aspekt der Produktion, der Optimierung der Fermentation. Ob in der Industrie oder an der Hochschule: Michael Maurer geht es um Austausch, Wissenstransfer und Zusammenarbeit mit den Kolleg*innen. Deshalb absolviert er einen Teil seines Doktorats bei einer befreundeten Forscher*innengruppe an der Universitat Autonòma de Barcelona in Spanien. Eingebunden in das internationale Team von Pau Ferrer, arbeitet er bald auch an weiteren Projekten der Gruppe mit. 

Know-how auch für Schweizer Bioreaktoren

Seine Doktorarbeit im Jahr 2008, „Modeling and physiology based optimization of fed batch strategies for the production of secreted proteins with Pichia pastoris“, findet Beachtung und Niederschlag in mehreren Publikationen. Die Lonza AG, ein Schweizer Biotech- und Pharma-Unternehmen, verwendet noch heute das von ihm entwickelte Modell zur Optimierung von Fermentationsprozessen. 

Angekommen an der FH Campus Wien

2008 führt Michael Maurers Weg an die FH Campus Wien und doch wieder in vertraute Gefilde. Denn die in der Muthgasse angesiedelten Studiengänge Bioengineering, Bioinformatik, Biotechnologisches Qualitätsmanagement und Bioverfahrenstechnik werden in den Räumen der BOKU, im 19. Wiener Gemeindebezirk, in enger Kooperation abgewickelt. Er konzipiert Praktika für die Lehre und baut ein eigenes FH-Labor mit Bioreaktoren auf. Damit entwickelt er auch die „DNA“ des Fachbereichs entscheidend mit und meistert gemeinsam mit den Kolleg*innen ein schwieriges Unterfangen am Außenstandort: die Identifikation mit der Fachhochschule, deren Hauptstandort am anderen Ende Wiens, in Favoriten, liegt.

Lebendiger Austausch 

Nach Stationen als wissenschaftlicher Mitarbeiter, Postdoc und hauptberuflich Lehrender übernimmt er 2017 die Leitung der vier Studiengänge. Die Aufgaben verlagern sich naturgemäß. Was bleibt, ist Michael Maurers Wunsch, die Vernetzung, den Gedankenaustausch und den Wissenstransfer zwischen Industrie und Wissenschaft sowie die Internationalisierung noch weiter zu fördern. Die jährliche Gastprofessur an der Hochschule Esslingen und im Gegenzug die Vortragstätigkeit des deutschen Kollegen Richard Biener an der FH Campus Wien sind Ausdruck dieser Haltung.

Bierbrauen mit Forschung: „Scientific Brewhouse“

Insbesondere die Bioverfahrenstechnik hat es Michael Maurer angetan. Und es gelingt ihm, die Studierenden mit seiner Begeisterung für die Gärungstechnik, die Wurzeln der Biotechnologie, anzustecken. Das Thema ist anschaulich, didaktisch wertvoll und dreht sich einmal mehr um die Hefe: Im gärungstechnischen Labor, gefördert von der MA 23, entwickelt Maurer mit seinen Studierenden ein beachtliches Niveau beim Bierbrauen. Immer wieder animiert er sie, ihre Kreativität und Neugierde einzubringen, ihr Wissen zu vernetzen und immer besser zu werden. Es macht sich bezahlt, denn Nominierungen bei Wettbewerben und Preise für den Gerstensaft aus dem „Scientific Brewhouse“ häufen sich.

Fragen aufwerfen und dranbleiben!

Anspruch und Workload im Studium sind hoch, das ist Michael Maurer bewusst. Und dennoch möchte er seine Studierenden motivieren: „Es ist wichtig, Fragen aufzuwerfen und dranzubleiben. Sie führen zu neuen Projekten, neuen Möglichkeiten und Einsichten. Und dazu müsst Ihr alle Steine umdrehen!“

 


Studiengänge

Master

Biotechnologisches Qualitätsmanagement

berufsbegleitend