Das Vermächtnis des Theodor Billroth

Die Gesundheits- und Krankenpflege kämpfte lange um das ihr gebührende Ansehen. Vor 135 Jahren trat ausgerechnet ein Arzt für eine geregelte Ausbildung der Schwestern ein.

 

Wärterinnen hießen die ersten Personen, die sich um Kranke kümmerten. Das war 1784, Kaiser Josef II. gründete gerade das „Wiener Allgemeine Krankenhaus“ mit 2.000 Betten. Für die Wärterinnen gab es zu diesem Zeitpunkt keine Ausbildung. Erst auf die Initiative des Chirurgen Theodor Billroth – die „Billroth-Resektion“ ist bis heute geltender OP-Standard – gab es die erste institutionalisierte dreijährige Krankenpflegeausbildung. 1882 kam es zur Gründung der Krankenpflegeschule am Rudolfinerhaus. Pflegelehrpersonen – sie sind erstmals um 1903 erwähnt - unterstanden den Oberinnen, denen der ethische Teil der „Erziehung“ oblag. Das AKH Wien startete 1904 mit einzelnen Kursen, ehe ab 1913 eine zunächst zweijährige Krankenpflegeausbildung begann. Das Ausbildungsgesetz zur Krankenpflege entstand 1914, was auch den Beginn der Ausbildungsgeschichte markiert. Wien zählte 1925 bereits fünf Krankenpflegeschulen.

Einheitliche Regelung für das gesamte „Deutsche Reich“

Mit dem Anschluss Österreichs an Hitlerdeutschland verkürzte sich die Ausbildungsdauer auf eineinhalb Jahre. Sie diente in erster Linie der Verbreitung nationalsozialistischer Ideologien. Überliefert sind begeisterte Grüße „in diesen herrlichen Tagen der Auferstehung Österreichs“ der österreichischen Vorsitzenden des Fachausschusses für das Schwesternwesen, Hedwig Birkner. Trotz ihrer Bemühungen wird die „Vereinigung der diplomierten Krankenpflegerinnen Österreichs“ binnen weniger Tage aufgelöst. Mit dem Ende des zweiten Weltkrieges wurden neben ÄrztInnen auch zahlreiche Pflegepersonen wegen Mitschuld an Euthanasie-Verbrechen vor Gericht gestellt und manche davon zum Tode verurteilt.
 

Neue Gesetze aus alten Tagen

Nach den Wirren der Kriegsjahre wurde das Krankenpflegewesen erst durch das Bundesgesetz 1949 geregelt. Dieses legte die Ausbildungszeit auf drei Jahre fest. In der Fächerausrichtung orientierte man sich an der Verordnung des „Ministers des Innern“ aus dem Jahr 1914. Die Sechziger Jahre schließlich sind der Meilenstein für die Splittung in den Krankenpflegefachdienst, den medizinisch-technischen Dienst und den Sanitätshilfsdienst auf Bundesgesetzebene. Auch lehrendes und leitendes Pflegepersonal wird ausgebildet. Fast vierzig Jahre später, genau 1997, schreibt das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz die Dokumentationspflicht, die eigenverantwortliche Diagnostik, Planung und Organisation pflegerischer Maßnahmen und die Beratung und Forschung fest. Für Pflegelehrpersonen ist die Ausbildung erstmals als Universitätslehrgang geregelt. Schon diese Kurz-Chronologie macht ersichtlich, dass die Krankenpflege nur schrittweise gesellschaftlichen Status erlangte und die nötige politische Diskussionsbereitschaft lange ausblieb.

Durch nichts mehr aufzuhalten

Seit der 2016 beschlossenen GuKG-Novelle wird die Grundausbildung zum gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege in den tertiären Bildungsbereich überführt. Die bisherige „Pflegehilfe“ – nach der neuen Gesetzgebung nun Pflegeassistenz und der neue Berufszweig der Pflegefachassistenzen, mit erweitertem Tätigkeitsbereich, werden weiterhin an den Gesundheits- und Krankenpflegeschulen ausgebildet. Der erste bundesfinanzierte Bachelorstudiengang startete 2008 an der FH Campus Wien unter der Leitung von Dr.in Roswitha Engel. Bisher vernachlässigte Bereiche wie die Gesundheitsförderung und Prävention, Beratung und Edukation, Case- und Caremanagement sind durch die Akademisierung nun miteingeschlossen. Erklärtes Ziel ist es, wissenschaftlich versierte BerufspraktikerInnen auszubilden, die eine aktive Rolle in der Pflegewissenschaft und –forschung einnehmen. Die Novellierung 2016 führte zu einem markanten Struktur- und Wertewandel in der Geschichte der Pflege.


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