Verwaltung erforschen

Das 21. Jahrhundert hält einige Umwälzungen für die öffentliche Verwaltung bereit. Hatten Stempelmarken und Formulare dort jahrzehntelang ihren natürlichen Lebensraum, sind heute Good Governance, Big Data, Gemeinwohlorientierung und Wissensmanagement im öffentlichen Sektor heimisch. Innovation und Forschung fallen auf fruchtbaren Boden – und kommen auch aus den Studiengängen Public Management und dem neuen Kompetenzzentrum für Verwaltungswissenschaften, wie Studiengangsleiter Günter Horniak erläutert.

Mit welchen Herausforderungen ist der öffentliche Sektor konfrontiert? 

Das sind der demografische Wandel, die Wirtschafts- und Finanzkrisen, die immer noch nachwirken, die Verschuldung öffentlicher Haushalte, aber auch der globale Klimawandel sowie Migrationsbewegungen, um nur einige Punkte zu nennen. Dazu kommt die Digitalisierung, als Chance wie auch als Herausforderung, zumal mit Daten enorme Macht verbunden ist. Was oft übersehen wird: Solche Problemstellungen müssen in der öffentlichen Verwaltung gelöst werden.

Warum braucht Verwaltung Forschung?

Das hängt mit den genannten Herausforderungen zusammen und damit, dass in der öffentlichen Verwaltung Entscheidungen getroffen werden müssen, die sich auf die gesamte Gesellschaft auswirken. Es gilt Lösungen zu erarbeiten, die auf einer fundierten Grundlage fußen – „evidence based decision making“. Public Management Research ist auch deshalb so wichtig, weil die Logik des öffentlichen Sektors eine gänzlich andere ist als im privaten Sektor. Vorhandene Management- und Entscheidungs­systeme müssen angepasst und hinterfragt werden. Dazu braucht es Forschung.

In welche Richtung gehen derzeit laufende Forschungsprojekte? 

Aktuell läuft im neuen Kompetenzzentrum für Verwaltungs­wissenschaften etwa das Forschungsprojekt „Plattform Wissensmanagement“, das wir gemeinsam mit dem Bundeskanzleramt (BKA) und der Verwaltungsakademie des Bundes durchführen. Wir untersuchen, welche Instrumente und Strategien notwendig sind, um beispielsweise den Wissensfluss angesichts der bevorstehenden Pensionierungswelle im öffentlichen Dienst für die Zukunft am Laufen zu halten. Im Auftrag der ASFINAG erheben wir Erfahrungen internationaler Verkehrsorganisationen zu multimodalen Verkehrssystemen und untersuchen die Voraussetzungen, wie Change-Prozesse gut gelingen können.

Worauf konzentriert sich die Forschung in den nächsten Jahren?

Forschungsschwerpunkte werden Organisation, Wissen und Technologie, Inklusion – Exklusion, Aus- und Weiterbildung sowie Kompetenzforschung sein. Ganz stark werden wir uns auch auf die Themen Gemeinwohl und Public Value konzentrieren. Auf den Wert, den der öffentliche Sektor für die Gesellschaft schafft. Was ist das genau und wer bestimmt diesen Wert? Welchen Wert hat es, wenn ich etwa ein Museum betreibe oder den öffentlichen Raum gestalte, und wie kann ich diesen Wert messen? Das interessiert uns.

„Innovation“ nimmt auffallend breiten Raum in den Curricula der beiden Public Management-Studiengänge ein. Was passiert dazu im Studium?

Die Studierenden im Bachelorstudium bearbeiten Fallbeispiele aus ihrem beruflichen Hintergrund. Sie analysieren Anwendungsfälle aus der Praxis zu „lessons learned“ und Verbesserungspotenzialen und arbeiten Handlungsempfehlungen aus. Im Masterstudium wird das noch vertieft. Im Innovationslabor können die Studierenden über zwei Semester lang eine Problem- oder Fragestellung aus ihrer Praxis umfassend wissenschaftlich bearbeiten und eignen sich auch Methodenkompetenz an. Im Vordergrund steht, komplexe Lösungen nicht isoliert zu erarbeiten. Wir vermitteln dabei ein mentales Modell, demzufolge der Umgang mit Mehrdeutigkeiten und Widersprüchlichkeiten nicht ein unerwünschter Sonderfall, sondern das problemlösungs- und entwicklungsorientierte Kerngeschäft für Expert*innen und Führungskräfte ist. Denn aktuelle Trends und gesellschaftliche Veränderungen erfordern auch von der öffentlichen Verwaltung angemessene, zeitnahe Reaktionen. Und die werden von Innovationsprozessen angestoßen. Das ist wiederum unser Beitrag.


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