Interview mit Sebastian Geyer

Der 3D-Druck gilt als vielversprechende Technologie mit dem Potential, unseren Alltag maßgeblich zu verändern. Sebastian Geyer, Lehrender und Forschender High Tech Manufacturing und erfahrener Tüftler auf dem Gebiet im Gespräch über Einsatzmöglichkeiten, technologische Entwicklungen und die Zukunft der Pizza.

Wie funktioniert ein 3D-Drucker?

Die Drucker, die wir am Studiengang HTM benutzen, arbeiten nach dem sogenannten FDM-Prinzip. FDM steht für Fused Deposition Modeling, auf Deutsch Schmelzschichtung. Zuerst wird mit dem Computer ein Entwurf designt. Danach kommt der Drucker ins Spiel. Ein geschmolzener Kunststoffdraht wird von einem Fördergerät, dem Extruder, unter hohem Druck gleichmäßig aus einer beweglichen Düse auf eine Bauplattform gepresst – ähnlich wie beim Kuchen verzieren. Die Bauplattform wandert während des Druckens nach unten, während die Düse Schicht für Schicht aufträgt und das gewünschte Werkstück in die Höhe wächst.

Wofür wird die Technik hauptsächlich verwendet? Welche Einsatzmöglichkeiten gibt es?

Mit einem 3D-Drucker lässt sich fast jeder Gegenstand produzieren: Von Möbeln über Autoteile, Kunstwerke oder Prothesen. Selbst winzigste Teile im Nanometer-Bereich können problemlos am Computer entworfen und mit dem entsprechenden Gerät ausgedruckt werden. Der Fantasie sind kaum Grenzen gesetzt, die Möglichkeiten sind quasi endlos.

Im Internet werden Baupläne für 3D-Drucker angeboten. Welches Know-how muss man haben, um sich selbst einen Drucker herstellen zu können?

Um solche Drucker zu bauen braucht man einiges an Wissen in den Bereichen Elektronik, Programmieren und Mechanik. Wenn man ein geschickter Bastler ist, schafft man den Zusammenbau eines im Internet erhältlichen Bausatzes in ein bis zwei Tagen. Aus Erfahrung kann ich sagen, dass die schwierigste Aufgabe das richtige Verkabeln der Motoren und der Heizelemente mit der Steuerung ist. Nach dem vollständigen Aufbau des Druckers muss dieser dann noch richtig konfiguriert werden. Alles in Allem ist man mit immer wieder auftretenden Bastelherausforderungen konfrontiert. Aber das Ganze soll ja auch Spaß machen, und das tut es auch.

Zum geistigen Eigentum: Wie kann man verhindern, dass Designdateien illegal reproduziert werden?

Mit den Selbstbaugeräten wie z.B. dem RepRap bewegt man sich automatisch in der Open Source-Szene. Dabei werden auf speziellen Plattformen wie z.B. Thingiverse Modelle von Nutzern erstellt und mit anderen Nutzern geteilt. Dieses Teilen von Gedankengut ist durch eine spezielle Lizenz geregelt. Diese besagt, dass man Gedankengut kostenlos benutzen, verändern und weiterbreiten kann und soll. Und so soll es meiner Meinung nach zumindest in diesem Bereich auch bleiben.

Wird bald jeder Haushalt über einen eigenen 3D-Drucker verfügen?

Ich bin der Meinung, dass 3D-Drucker im Moment extrem gehypet werden. Tatsache ist, dass der derzeitige Entwicklungsstand für eine Haushaltsanwendung, die über das Basteln und den Modellbau hinausgeht, noch nicht ausreicht. Es müssen neue Materialien und Verfahren entwickelt werden, um den Einsatzbereich dieser Drucker noch zu Vergrößern. Erst dann werden diese Geräte auch für weniger technikbegeisterte Menschen interessant werden.

Wie viel kostet ein 3D-Drucker und wie teuer sind die Materialien?

Die Selbstbaugeräte kosten zwischen € 700 und € 2.000. Industriemaschinen, die gesichert gleichbleibende Qualität liefern, sind ab € 25.000 zu haben. Der Preis der Kunststoffspulen, also des Rohmaterials zum Drucken, bewegt sich in einem Bereich von ca. € 30 bis € 40 pro Kilo.

In welchem Entwicklungsstadium befindet sich die Technik derzeit und wohin führt der technische Fortschritt in diesem Bereich?

Die Technik ist nicht ganz neu, die Entwicklung ist schon relativ weit fortgeschritten. Sie wird sich aber noch weiterentwickeln. Es wird daran geforscht, den 3D-Druck mehr und mehr in der Medizin und in der Lebensmittelindustrie einzusetzen. Eines Tages soll es möglich sein, Hautgewebe oder Gewebe von Organen mithilfe von 3D Druck herzustellen. Die NASA forscht an einer Möglichkeit, Pizza für Astronauten auf der ISS aus den notwendigen Zutaten auszudrucken. Ob dies dann ansprechend genug für den gemütlichen Fernsehabend sein wird, bleibt abzuwarten.

Ist es wirklich möglich, funktionstüchtige Waffen mit dem 3D-Drucker zu fertigen?

Prinzipiell Ja. Ich würde die Versuche von einigen wenigen Personen, Waffen aus gedruckten Teilen zu bauen, als beunruhigend einstufen. Das Problem ist, dass jetzt schon Waffenteile mithilfe von 3D-Druckern gefertigt werden können. Kritische Teile wie Abzugsmechanismus, Verschluss usw. bestehen jedoch aus guten Gründen aus Metallen. Die können mit herkömmlichen 3D-Druckern nicht hergestellt werden, da diese mit Kunststoffmaterial drucken. Sollten aber in einigen Jahren Technologien zur Metallverarbeitung wie das selektive Lasersintern oder –schmelzen, die derzeit vornehmlich in der Industrie eingesetzt werden, auch ihren Weg in die breitere Gesellschaft finden, würde ich mir Sorgen machen.

Wie wird der 3D-Druck zukünftig unseren Alltag beeinflussen?

Der 3D-Druck beeinflusst unseren Alltag schon längst. Viele Menschen wissen das nicht. Er ist mitverantwortlich, dass Produktentwicklungen viel schneller vorangehen als noch vor zehn bis 15 Jahren. Das sieht man beispielsweise daran, dass jedes Jahr neue Generationen von Smartphones, Tablets, Laptops etc. auf den Markt kommen. Auch in der Automobilindustrie hat man dank dieser Technologie kürzere Entwicklungszeiten und niedrigere Kosten. Das wird in der Zukunft nicht zuletzt wegen noch schneller verfügbareren Prototypen noch rascher und günstiger gehen.

Wie wird im Bachelorstudiengang High Tech Manufacturing der 3D-Drucker eingesetzt?

Derzeit wird der Drucker lediglich in den Vorlesungen „Rapid Product Development" und „Rapid Product Development – praktische Anwendungen" bzw. „Anwendungen des Rapid Prototypings" im Masterstudium zum Bau von einfachen Prototypen verwendet. Die Studierenden können aus Zeitgründen nicht entsprechend eingeschult werden. In Zukunft soll der 3D-Druck mithilfe einer Curriculumsänderung auch in den Bachelorstudiengang integriert werden.

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