Im Interview mit Unternehmensberater Klaus Zimmermann zu Biosafety

 Der Fachbereich Molekulare Biotechnologie führt die Labors für Lehre und Forschung - darunter zukünftig auch ein S2-Labor - nach Biosafetyrichtlinien. Diese gelten im Umgang mit biologischen und auch mit gentechnisch veränderten Arbeitsstoffen- Genetically Modified Organisms (GMOs). Je nach Gefährlichkeitsgrad werden Laboratorien in vier Schutzstufen von S1 bis S4 eingeteilt. Dr. Klaus Zimmermann berät den Fachbereich dabei. Er ist Biochemiker und selbständiger Unternehmensberater und war davor jahrelang bei Baxter tätig, zuletzt als Manager GMP Cell and Virus Banking und Biosafety Manager.

Beschreiben Sie ein realistisches Worst-Case-Szenario, wenn Labors nicht nach Biosafetyrichtlinien geführt werden?

Mikroorganismen lassen sich unter anderem über Aerosole - also durch die Luft - meterweit übertragen. Das bekannteste ist derzeit wahrscheinlich das Grippevirus, das genau diesen Übertragungsweg nimmt. Wer sich im Labor infiziert, weil die Sicherheitsvorkehrungen zu gering waren, der kann seine Mitmenschen draußen leicht und zahlreich anstecken. Neue, genetisch manipulierte Erreger sind möglicherweise nur schwer oder noch gar nicht bekämpfbar. Das würde menschliche Tragödien und einen großen wirtschaftliche Schaden für das verantwortliche Unternehmen nach sich ziehen.

Nennen Sie typische Schutzmaßnahmen? Wie aufwändig sind sie und sind sie typisch für den Arbeitsalltag von Biotechnolog*innen?

Ja, sie sind typisch für den Arbeitsalltag im Labor und ergeben sich aus der jeweiligen Schutzstufe. Es ist wichtig, sich durchgängig an entsprechende Checklisten zu halten. Es fängt mit einer sauberen Arbeitsweise an, mit dem Tragen eines Labormantels und von Handschuhen und geht weiter mit einer definierten Form der Abfallentsorgung und Vorkehrungen für den Transport. Sauber heißt in dem Zusammenhang, dass man beispielsweise beim Verlassen des Labors den Labormantel ablegt, oder dass man die Handschuhe auszieht, wenn man im Labor telefoniert. Typisch für ein S2-Labor sind geschlossene Systeme, insbesondere eine mikrobiologische Sicherheitswerkbank, die Mikroorganismen in der Luft in einen künstlichen Luftstrom aufnimmt und filtert. Die Schutzmaßnahmen können je nach Schutzstufe sehr aufwändig sein und müssen so gestaltet sein, dass sie Menschen und Umwelt schützen, den Laborbetrieb aber nicht blockieren.

Wo stehen hier Österreich bzw. Europa im Vergleich zu den USA?

In den USA und Europa sind die geltenden Standards für Biosafety sehr ähnlich, da sie unter anderem auf Richtlinien der WHO zurückzuführen sind. Bei der Gentechnik schaut es etwas anders aus. Viele Verbraucher*innen in Europa lehnen das Freihandelsabkommen TTIP gerade im Hinblick auf die Gentechnik ab, weil sie eine Absenkung von Standards befürchten. Gentechnisch veränderte Mikroorganismen lösen generell in den USA weniger Ängste als in Europa aus, allerdings sind die rechtlichen Schritte, wenn etwas passiert noch weitreichender. Das hängt mit der amerikanischen Mentalität zusammen, seine Rechte auf dem Klagsweg durchzusetzen. Gerade weil gentechnisch veränderte Organismen in den USA eher zur Normalität gehören, kommt es zu mehr medial ausgeschlachteten "Skandalen".

Welche speziellen Herausforderungen sehen Sie bei der Zulassung von Labors?

Die gesetzlichen Regelungen sind komplex, lassen aber noch Spielräume zu und müssen daher im Hinblick auf jeden einzelnen Laborbetrieb ausgelegt werden. Manchmal kann man mit einer individuellen Risikoanalyse und einem speziell abgestimmten Paket an Schutzmaßnahmen den Umbau eines Labors vermeiden. Wichtig ist, dass die Standards von Mitarbeiter*innen angenommen und gelebt werden. Manche würden beispielsweise gerne kurze Hosen im Labor tragen. Bei Kontrollen werden die Behörden auch immer wieder in Kühlschränken fündig, in denen Untersuchungsmaterial neben Essen gelagert wird. Ein Jausenbrot in demselben Kühlschrank - das darf einfach nicht sein.

Inwieweit profitieren die Studierenden davon?

Sie lernen von Anfang an, sich an den Standards zu orientieren, entsprechende Arbeitspraktiken zu trainieren und damit sich professionell im Labor zu verhalten. Das benötigen sie in jedem Unternehmen, für das sie später im Labor stehen. Den richtigen Umgang mit Arbeitsstoffen eignen sich Studierende insbesondere im Rahmen von F&E-Projekten der Studiengänge an, an denen sie sich zum Teil auch beteiligen können und im Rahmen von eigenen Lehrveranstaltungen. Sich mit Safety-Know-how bei einem Unternehmen oder einer Forschungseinrichtung zu bewerben, ist mit Sicherheit von Vorteil.

Sie haben jahrelang für Baxter gearbeitet, welche sind Ihre persönlichen Erfahrungen in diesem Bereich?

Gerade beim sauberen Umgang mit Arbeitsmaterialien können Berufseinsteiger*innen nach meiner Erfahrung noch viel lernen. In einem weltweit agierenden Unternehmen wie Baxter tauchen viele Safety-Fragestellungen auf, über die verschiedene Gremien unter Einbeziehung zahlreicher internationaler Expert*innen beraten. Auf dieser Basis werden detaillierte Prozesse, Praktiken und Verhaltensregeln festgelegt. Ein Unternehmen muss auf alles vorbereitet sein, jederzeit mit strengen behördlichen Kontrollen rechnen und sich durch ein engmaschiges Netz an Vorkehrungen rechtlich absichern. Biosafety-Manager*innen sind in Unternehmen wie Baxter selbstverständlich. Die Funktion eines Biosafetymanagers oder einer Biosafetymanagerin ist beim Umgang mit gentechnisch veränderten Arbeitsstoffen gesetzlich - als sogenannter "Beauftragter für biologische Sicherheit"- vorgeschrieben.


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